Giralgeld

Giralgeld ist Geld, das nicht in konkreter Form existiert; es wurde geschaffen (geschöpft), ohne dass dafür Bargeld benötigt wurde. Es obliegt den Zentralbanken - in Deutschland die Deutsche Bundesbank - gesetzliche Zahlungsmittel (Banknoten und Münzen) über Geschäftsbanken in den Umlauf zu bringen. In unserem Kredit- und Schuldgeldsystem ist es den Geschäftsbanken möglich, darüber hinaus künstlich Giralgeld für den unbaren Zahlungsverkehr zu erzeugen, z.B. für Überweisungen untereinander oder die Vergabe eines Darlehens. Da Giralgeld (auch Buchgeld) nicht in Barmitteln, sondern nur als Forderung auf Bargeld gegen eine Bank auf den Girokonten von Geschäftsbanken exisitiert, kann es auch nur zu Zwecken der Bezahlung zwischen diesen Konten untereinander als solches durch Überweisung, Wechsel, Lastschrift, Kreditkarte oder Scheck verechnet werden kann. Weist ein Konto ein entsprechendes Guthaben auf, spricht man von einer Sichteinlage.

1. Giralgeld als Zahlungsmittel

1.1. Allgemeine Definition

Giralgeld (von italienisch giro 'Kreis, Umlauf' zu griechisch gȳrós 'rund'), auch Buch- oder Geschäftsbankengeld, ist rechtlich eine Forderung, und zwar der Auszahlungsanspruch des Inhabers eines Girokontos gegenüber seiner Geschäftsbank. Guthaben resultieren aus einer Bargeld-Einzahlung, einem Übertrag von anderen Guthaben oder bewilligten Bankkrediten. Über sein Guthaben kann der Kontoinhaber per Überweisung, Scheck oder Barabhebung am Schalter oder Bankautomaten verfügen. Das Guthaben ist jedoch nicht zwingend eins zu eins in Form von Bargeld bei der Geschäftsbank deponiert. Vielmehr ist das Bargeld als Buchungsvermerk zu dem Guthaben bei der Bank in deren Büchern bzw. in elektronischer Form hinterlegt.

1.2. Giraldeld - von den Geschäftsbanken geschaffenes Buchgeld

Bargeld ist im europäischen Währungsraum gesetzliches Zahlungsmittel und besteht aus Euro-Banknoten und -münzen; es darf nur von der jeweiligen Zentralbank eines Staates oder Staatenverbundes - in Deutschland die Deutsche Bundesbank - in den öffentlichen Umlauf gebracht werden. Dies geschieht über die Geschäftsbanken, die jede für sich bei der Zentralbank ein Konto unterhalten. Über dieses Konto können Geschäftsbanken bei der Zentralbank Bargeld abheben oder einzahlen; dieses Geld wird über Geldtransporter von der Zentralbank zu der Geschäftsbank bzw. von der Geschäftsbank zur Zentralbank transportiert. Geschäftsbanken können ihr Guthaben bei der Zentralbank also in Bargeld und dieses wieder in Zentralbankgeld wandeln. Zentralbankgeld ist der Oberbegriff für Buchgeld inländischer Kreditinstitute bei der Zentralbank (Mindestreserve und darüber hinausgehende Einlagen) zuzüglich Bargeld bzw. das von einer Zentralbank ausgegebene Bargeld oder Guthaben. Für Bargeld als gesetzliches Zahlungsmittel gilt die so genannte schuldbefreiende Wirkung mit Annahmezwang; dass heißt der Schuldner hat das Recht, seine Schulden mit Bargeld zu tilgen. Giralgeld (auch Buchgeld, Kreditgeld) hingegen sind Sichteinlagen, die als jederzeit fälliges Guthaben auf dem Konto einer Geschäftsbank zu Zwecken des Zahlungsverkehrs zur Verfügung stehen. Buchgeld ist kein gesetzliches, aber ein allgemein von der Öffentlichkeit akzeptiertes Zahlungsmittel. Dazu zählen auch die durch Kreditgewährung bereitgestellten Mittel. Im Gegensatz zum Bargeld fehlt dem Giralgeld als ungegenständlicher Liquidität die Eigenschaft, eine vertretbare Sache zu sein. Daher kommt es auch nicht für jede Gutschrift als erfüllungswirksame Zahlung des Schuldners in Betracht, sondern lediglich zu Zwecken der Begleichung von Schulden; Zahlungen erfolgen hierbei bargeldlos durch Umbuchung des angewiesenen Betrags von einem Girokonto auf das andere Konto. Solange der Inhaber des Guthabens bargeldlose Verfügungen zugunsten anderer Kontoinhaber bei der selben Geschäftsbank vornimmt und Zahlungsempfänger in gleicher Weise verfahren, könnten Banken im Rahmen geld- und kreditpolitischer Maßnahmen quasi unbeschränkt Kredite vergeben, ohne zusätzlich Banknoten und Guthaben als Reserve bei der Europäischen Zentralbank hinterlegen zu müssen; Gleiches gilt, wenn sich die aus Kundenverfügungen ergebenden Zahlungen der Kreditinstitute aneinander gegenseitig aufheben oder etwaige Salden gutgeschrieben werden.

Geschäftsbanken können sich aber auch neues Geld über die Zentralbank (Notenbank) beschaffen: die Zentralbank kann so geannntes Zentralbankgeld (Bargeld und Einlagen bei der Notenbank) zu Wege bringen bzw. schöpfen (Geldschöpfung), indem sie Kredite zum jeweils gültigen Leitzins an Geschäftsbanken vergibt, vorrausgesetzt die Bank kann entsprechende Sicherheiten bieten, z.B. die Verpfändung von Wertpapieren, die mit einer vertraglich zugesicherten Verpflichtung zum Rückkauf der Wertpapiere einhergeht. Dazu nötige Vorkehrungen zu treffen, ist das Liquiditätsproblem der Kreditinstitute.

1.3. Giralgeld Vorteile

Unbare Zahlungen bieten den Vorteil, dass der Weg zur Bank entfällt; Transaktionen von einem Konto zum anderen können bequem vom eigenen Rechner zu Hause oder per Smartphone durchgeführt werden. Das Diebstahlsrisiko wird reduziert, wenn kein Geld zwischen den heimischen Polstern versteckt ist. Mit PayPal sind Überweisungen auch ohne unmittelbare Einbindung eines Kreditinstitutes möglich. Banktransaktionen sind in der Regel gut dokumentiert und lassen sich daher auch lückenlos nachvollziehen. Daher kommt dem Buchgeld bei der Strafverfolgung und -aufklärung eine wichtige Rolle zu, wenn es etwa um Steuerdelikte geht. Mit Bargeldzahlungen bleibt man anonym; dies kann sich vorteilhaft oder nachteilig auf eine Partei auswirken. In der Schattenwirtschaft bietet Bargeld Spielraum für illegale Verwendungsmöglichkeiten z.B. Schwarzarbeit - mit Giralgeld wäre dies nicht möglich.

1.4. Giralgeld Nachteile

Mit Etablierung des Giralgeldes als ein dem Bargeld ebenbürtiges Mittel zur Begleichung von Schulden, entkoppeln sich Finanz- und Realwirtschaft, also Geldströme in Form von Bargeld und Güterströme (Güter und Dienstleistungen): Da Buchgeld eine Forderung der Bankkunden an ihre Bank darstellt und Banken dieses Geld tatsächlich nur zu einem gewissen Prozentsatz als Bargeld vorrätig haben, unterliegen Forderungen dieser Art der Insolvenzgefahr eines Kreditinstituts. Geht die Bank insolvent, dies ist der Fall bei einer Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit, und besteht keine oder eine nur beschränkte Einlagensicherung, verliert der Kunde sein bei dieser Bank deponiertes Geld; unter der heimischen Matratze wäre das Geld in diesem Fall sicherer gewesen.

2. Warum sollte man im 21. Jahrhundert überhaupt noch Bargeld benutzen?

Trotz mannigfaltiger elektronischer Bezahlverfahren besitzt Bargeld viele Vorzüge, die oft nicht genügend gewürdigt werden. Zum einen kann mit Bargeld direkt bezahlt werden, so dass weder der Verkäufer noch der Käufer einer Ware in Vorleistung treten muss. Dies ist besonders beim Tausch von teuren Waren zwischen Privatpersonen sinnvoll, um sich gegen eine Insolvenz der Gegenseite zu schützen. Die wenigsten möchten sich z.B. beim Verkauf ihres Gebrauchtwagens darauf verlassen müssen, dass ihnen ein unbekannter Käufer das Geld irgendwann später überweist.

Da im europäischen Währungsgebiet Euro-Banknoten und -Umlaufmünzen gesetzliches Zahlungsmittel sind, kann auch niemand dieses Geld zur Begleichung einer Geldschuld ablehnen, ohne mit rechtlichen Folgen rechnen zu müssen; es sei denn anderweitige vertragliche Regelungen wurden getroffen.

Für Privathaushalte bieten Barzahlungen eine gute Kontrolle der Ausgaben; dies nutzen gerade Haushalte, die besonders auf ihre Ausgaben achten müssen oder wollen, z.B. im Rahmen einer Budgetplanung mit einem Haushaltsbuch.

Bargeld ist jederzeit verfügbar: Bargeld ist auf keine technische Infrastruktur angewiesen. Damit sind Barmittel hoch liquide und stehen selbst in Not- und Krisensituation weiterhin als Zahlungsmittel zur Verfügung. Mit Bargeld kann darüber hinaus ohne nennenswerte Zugangsbeschränkungen bezahlt werden; auch diejenigen, die keinen voll umfänglichen Zugang zu bargeldlosen Zahlungsmitteln haben, beispielsweise Kinder oder Personen ohne Girokonto, können so am Wirtschaftsleben teilnehmen. Banknoten und Münzen bieten zudem den Vorteil, dass sie z.B. Kindern den Umgang mit Geld anschaulicher und weniger abstrakt vermitteln als immaterielle Zahlungsmittel. Außerdem sind Bargeld-Transaktionen anonym.

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